Freitag, 18. März 2016

Internet der Energie

Seit Beginn des Wirkens des Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) unter dem Label Internet der Energie, des E-Energy-Programmes sowie der VDE ITG-Fokusgruppe Energieinformationssysteme in den Jahren 2007/2008 wurde die Bedeutung der Digitalisierung des Energiesystems hervorgehoben.
Trotz breit aufgestellter Aktivitäten unter den Begriffen Smart Grids, Smart Markets, Smart Energy, Smart City ist die Bedeutung der Digitalisierung für das Energiesystem bei der Politik noch nicht vollständig in seiner umfassenden Tragweite angekommen.
Dies drückt sich auch darin aus, dass unter dem sinnvollen Begriff des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende letztendlich nur die Smart Metering-Infrastruktur betrachtet wird, die dann auch noch sehr verzögert und nur mit langem zeitlichen Horizont eingeführt wird.
Insofern ist es nur logisch, dass unter der 10-Punkte-Energie-Agenda des BMWi das Thema Digitalisierung fehlt.

Wahrscheinlich ist der Hinweis auf die Notwendigkeit auf eine erweiterte informationstechnische Infrastruktur zu abstrakt und lässt sich in der Politik zu wenig als Erfolgsthema integrieren.
Die Frage ist also, wie kann diese Infrastruktur und ihr Ergebnis überzeugend der Politik dargestellt werden, um dafür auch eine massenwirksame Vision zu entwickeln.

Der gemeinsame Ausgangspunkt, der noch vor wenigen Jahren in manchen dezentralen Aspekten umstritten war, ist heute Konsens.
Wir gehen den Weg zu einem Energiesystem,
  • das erneuerbar und volatiler wirkt,
  • das einerseits bis in die Liegenschaften und Stadtquartiere dezentraler und vielfältiger wird,
  • das aber anderseits weiter in seiner Vielfalt im europäischen Verbund mit auch zentraleren Anlagen (Offshore) eingebunden sein muss,
  • in dem sich regionale Wertschöpfungschancen für Kommunen in breitem Maße entfalten und
  • in dem viele neue Akteure aktiv werden bis hin zu internationalen Großunternehmen (z.B. Google, Apple, Tesla) und neue Geschäftsmodelle (Energiegenossenschaften, Bürgerwerke, Sharing-Mechanismen, Energie-Community) entstehen.
Diese wachsende Komplexität zu beherrschen, funktioniert nur durch Zerlegung in automatisierte dezentrale Strukturen, die gleichzeitig verbunden wirken und dies bei der Volatilität der Erzeugung am besten in Echtzeit.
Der Automatisierung und den dezentralen Energiemanagern hatte sich das E-Energy-Projekt moma gewidmet.
Heute ist es auch Konsens, dass wir Automatisierung und dezentrale Regelstrukturen benötigen, die sich eingebettet in größere Strukturen wiederholen und zusammen eine Art Energieorganismus als System aus Systemen bilden.

Ohne IKT-Infrastrukturen, die dies wirtschaftlich, sicher, interoperabel und automatisiert zusammenbringen, kann die beschleunigte Entwicklung eines vollständig umgebauten Energiesystems keinen Erfolg haben.
Insofern ist Smart Metering nur ein erster Schritt.
Umfassender wurden Architekturen dazu im Konzept eines Data Access Point Managers (DAM) oder im Energieinformationssystem der VDE ITG-Arbeitsgruppe betrachtet.
In der ersten Runde des Münchener Kreises im AK Energie wurde das Thema einer erweiterten Infrastruktur unter dem Thema Digitalisierung ebenso aufgenommen.
Innerhalb der SINTEG-Ausschreibung des BMWi widmet sich das Projekt C/sells in Baden-Württemberg zusammen mit Bayern und Hessen ebenso diesem Thema unter der Überschrift Infrastruktur-Informationssystem (IIS).

Die Frage ist nun, sollte diese Infrastruktur unter Ausschließlichkeit bestimmter Akteure betrieben werden, wie dies RWE, Rheinenergie oder EnBW vorschlagen oder ist dies eher ein offenes System als Plattform des zukünftigen Smart Energy-Systems, das zwar auch durch eine begrenzte Anzahl von Akteuren zum Erfolg geführt werden wird, aber doch eher im Markt entsteht, obwohl es zukünftigen smarten Markt- und Netzprozessen gemeinsam zur Verfügung steht. Hierfür steht eher eher die EWE-Position.

Unabhängig von der Rollendefinition hängt der Erfolg der Energiewende und die Nutzbarmachung neuer Wertschöpfungschancen bis hin zur Möglichkeit eines weltweiten Technologieexportes entscheidend an der umfassenden und zügigen Ausprägung der Digitalisierung des Energiesystems.
In Baden-Württemberg wurde diese Aufgabe schon vor fünf Jahren in das Regierungsprogramm aufgenommen und war dann Grundlage der Gründung einer Smart Grids Plattform BW, wobei hier der Begriff Smart Grids umfassender im Sinne eines multi-modalen Smart Energy-Systems vielfältiger Akteure gefasst wird. Insofern besteht im Bund noch Nachholbedarf.

Wenn die Digitalisierung des Energiesystems nicht durch deutsche Unternehmen sehr schnell voran gebracht wird, tun es die Googles und Apples dieser Welt.
Also sollte ein gemeinsames Interesse von Wirtschaft und Politik zu wecken sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen