Donnerstag, 14. Dezember 2017

Unendliche Geschichte Kernfusion nähert sich dem Ziel??

Im Alter von siebzehn Jahren fiel meine Entscheidung, Physik zu studieren. Der Antrieb erwuchs aus dem Interesse an der Kernphysik. Dabei faszinierte insbesondere die Vision der Kernfusion als unerschöpfliche Energiequelle, die uns auch der Eroberung des Sonnensystems näherbringen sollte.

Ein Gramm Wasserstoff kann soviel Energie liefern wie zwölf Tonnen Steinkohle.
Damals schrieben wir das Jahr 1976 und zur Nutzungsreife der Kernfusion wurde ein Zeitraum von 25 Jahren angegeben. Die Aussicht auf Mitwirkung an diesem faszinierenden Thema motivierte mich, die Herausforderungen des Physikstudiums auf mich zu nehmen.


Quelle: ursprünglich hochladender Benutzer Maury Markowitz in Wikipedia auf Englisch - Übertragen aus en.wikipedia nach Commons., https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2452414

Dann schrieben wir genau 25 Jahre später das Jahr 2001, in dem meine neue berufliche Tätigkeit in der Energiewirtschaft mit dem Ziel startete, im Rahmen von E-Business und später unter der Bezeichnung Smart Energy die Umgestaltung zu einem erneuerbaren Energiesystem voranzutreiben. Bezüglich meiner kernphysikalischen Interessen hatte ich mich von der Kernspaltung entgültig aufgrund ihrer unkalkulierbaren Restrisiken verabschiedet. Parallel zum Aufbau der Erneuerbaren Energien blieb die Kernfusion aber weiterhin spannend. Mit den Erneuerbaren besteht die Chance zur Demokratisierung des Energiesystems mit vielfältigen Mitwirkenden in den Gebäuden, auf Gewerbe- und Industriearealen, in Stadtquartieren sowie in Städten und Gemeinden. Stromaustausch in der Community ist auf Basis neuer Technologien zur Digitalisierung des Energiesystems keine Utopie mehr (Stichworte Smart Metering, Smart Grid, Internet der Energie, Blockchain, usw.). Aber es bleibt die Fragstellung der Basisversorgung auf der gesamten Erde mit bald mehr als 10 Milliarden Einwohnern und zunehmender Industrialisierung auf allen Kontinenten für die nächsten Jahrhunderte. Neue Anforderungen zur Elektrifizierung resultieren auch aus neuen Formen der Landwirtschaft in mehrstöckigen Gebäuden zur Ernäherung der wachsenden Menschheit, zur Gewährleistung der Wasserversorgung mit Meerwasserentsalzungsanlagen, zur umweltgerechten Wärmeversorgung sowie zum Umbau aller Transportantriebe ohne Verbrennungsmaschinen. Aber auch der Weg zu den Sternen erfordert neue Energiegewinnungsmethoden. Der Aufbau einer weltumspannenden Stromerzeugung auf Basis der Kernfusion parallel zu dezentralen Erneuerbaren Energien erscheint aus meiner Sicht weiterhin unverzichtbar. Diese Infrastruktur bildet den Blutkreislauf des globalen Energieorganismus, während die dezentralen Erneuerbaren Energien Subsidiarität und lokale Autonomie sowie damit Selbstgestaltung und Unabhängigkeit in den Zellen des Organismus ermöglichen. Globales Denken verbindet sich mit gleichberechtigten lokalen Handeln.

Aber im Jahre 2001 hörte ich ebenso wie im Jahre 1976 immer noch vom 25-jährigen Zeithorizont bis zur Nutzungsreife der Kernfusion. Nach weiteren 15 Jahren begann meine Hoffnung bezüglich der Kernfusion – egal ob heiße oder kalte Fusion - zu schwinden. Milliardenschwere, staatliche Forschungsprogramme – z.B. das internationale ITER-Vorhaben in Frankreich - nennen nun die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts für einen relevanten Beitrag der Kernfusion zur Deckung des Energiebedarfes der Menschheit.

Aber siehe da – es geschehen noch Wunder – im Jahre 2017 haben private Unternehmen Fortschritte gemacht und dabei relativ wenig Ressourcen gegenüber staatlichen Programmen eingesetzt. Die Geschichte des Verhältnisses staatlicher und privater Investitionen in die Raumfahrt scheint sich zu wiederholen. Nicht die schweren staatlichen Finanzmittel hauchen der Raumfahrt neues Leben ein, sondern die privaten Investitionen von Elon Musk, Paul Allen, u.a. Anscheinend wird dieser Weg nun auch auf dem Gebiet der Kernfusion erfolgreich beschritten.

Dabei werden verschiedene Ansätze zum Betrieb einer Fusionseinrichtung verfolgt. Dazu gehören auch Anlagen, die nicht im thermodynamischen Gleichgewicht betrieben, sondern durch Laserimpulse befeuert werden. Besonders interessant ist dabei die Entwicklung eines Verfahrens zur Fusion von Wasserstoffkernen mit Bor unter Nutzung extremer Laserimpulse, das auf Grundlage der technologischen Fortschritte im Bereich intensiver Laser möglich wird. Während mit ITER auf der Erde eine neue radioaktive Quelle entsteht, setzt die Reaktion zwischen Wasserstoff und Bor keine Neutronen und damit keine Radioaktivität frei. Es werden im Rahmen dieser Fusionsreaktion ausschließlich stabile Heliumkerne gebildet. Die Laserimpulse induzieren dabei die direkte Konversion der Laserenergie über die Fusion von Wasserstoff und Bor in eine makroskopische Plasmabewegung, also eine Bewegung elektrisch geladener Teilchen [Heinrich Hora (2015)]. Im Unterschied zu Kernspaltungsanlagen und zu herkömmlichen Fusionsansätzen wird zur Erzeugung von elektrischer Energie nicht der Umweg über die Nutzung der Wärmeenergie durch Aufheizen von Flüssigkeiten und Dampfturbinen benötigt. Laserenergie wird direkt durch induzierte Fusionsenergie in elektrische Energie umgewandelt.

Die durch private Investitionen getriebenen Entwicklungen für Anlagen zur Fusion von Wassersstoff und Bor erscheinen Erfolg versprechend. Aber letztendlich kann noch niemand seriös den Erfolg des Ansatzes zur umfassenden Energiegewinnung mit Fusionsenergie vorhersagen. Vielleicht gelingt es doch vor dem Jahr 2050. Dann wäre zumindest die dritte Vorhersage von 25 Jahren bis zur Nutzung von Fusionsenergie erfolgreich´gewesen.

Heinrich Hora (2015). A laser-driven technique to ignite hydrogen-boron fuel offers the possibility of nuclear fusion for clean, sustainable energy generation. SPIE Newsroom. DOI: 10.1117/2.1201506.005965. 14 July 2015.