Freitag, 11. Oktober 2013

"Ohne Smart Grids keine Energiewende - Die Energiewende machen wir"

Die Vorstellung der Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg fand am 27. September 2013 in der Schwabenlandhalle Fellbach unter dem Motto "Die Energiewende machen wir" statt.

Die Präsentationen der Veranstaltung sowie das durch die Plattform-Teilnehmer gemeinsam in den vier Projektgruppen Beiträge für die Energiewende, Geschäftsmodelle, Regularien und Technologie erarbeitete Roadmap-Dokument stehen unter www.sgp-bw.de zum Download bereit.

Nun gilt es, in der weiteren Ausgestaltung des Wirkens der Plattform sowie der Definition einer Pilotzone zur breitflächigen Demonstration der verschiedenen Technologiekomponenten und neuer Prozesse zur Flexibilisierung des Gesamtsystems aus Energiemarkt und Netz bei subsidiärer Gestaltung des Energiesystems die Roadmap Wirklichkeit werden zu lassen.


Dienstag, 1. Oktober 2013

Smart Grid-Plattform BW - Highlights aus der Projektgruppe Technologie

Smart Grid-Plattform BW - Highlights aus der Projektgruppe Technologie

Mit der Smart Grids Plattform Baden-Württemberg bietet sich die Chance im großflächigen Maßstab ein Schaufenster für das intelligente Energisystem mit hohem Anteil dezentraler Aktivitäten auf Basis erneuerbare Energien  durch die Menschen, Institutionen und Firmen des Landes selbst zu gestalten und zu leben. Dabei entstehen bereits heute Gemeinschaften, Kooperationen und Beziehungen zwischen Partnern, die die Grundlage für den weiteren Erfolg der Plattform mit breiter Beteiligung legen.
Baden-Württemberg kann damit zur Thematik Smart Grids Vorreiter in Deutschland sein, aber auch die zukünftige Exportkraft des Landes Baden-Württemberg stärken.

Vortrag

Auf folgende Weise näherte sich die Projektgruppe Technologie innerhalb der Smart Grids Plattform Baden-Württemberg der Aufgabe, die Kombination von Technologie zu beschreiben, die die Energiewende am erfolgreichsten voranbringen kann.
Nach der Auftaktveranstaltung zur Smart Grid Plattform Baden-Württemberg und einem ersten Workshop, wo es insbesondere um die Ideensammlung sowie die Statusfeststellung ging, diskutierte die Gruppe im Workshop am 24. April 2013 Szenarien für das zukünftige Energiesystem, da technologische Empfehlungen abhängig vom Szenario zu treffen sind. Der Workshop am 12. Juni widmete sich dann den verschiedenen Schlüssentechnologien und der Betrachtung der verschiedenen Reifegrade für deren Einsatz. Am 17. Juli diente der vierte Workshop einerseits der Roadmap-Diskussion, aber insbesondere auch der weiteren Konzipierung eines Rahmenprojektes zur Entwicklung einer Pilotzone Baden-Württemberg als Schaufenster für Umsetzungsmöglichkeiten. Während einer Sondersitzung im August wurde dieses Thema weiter geführt.
Die drei Themen unter den Überschriften Zukunftsszenario, Schlüsseltechnologien und Pilotzone Baden-Württemberg werden als Highlights in der Projektgruppe nachfolgend ausgeführt.

Das Zukunftsszenario als Ausgangspunkt für die technologischen Empfehlungen wurde umfänglich diskutiert. Hier stand im Mittelpunkt die Frage, ob das zukünftige Energiesystem weiterhin auf Basis vorrangig zentraler Erzeugungskapazitäten sowie der alleinigen zentralen Systemverantwortung besteht oder sich durch einen wachsenden Grad dezentraler Erzeugung neue Markt- und Netzmechanismen herausbilden.
Die große Mehrheit sieht das Szenario hoher Anteile dezentraler Erzeugung, die eine enge Einbindung des Prosumenten in seinen Liegenschaften für Markt- und Netzmechanismen erfordert. Aber ebenso wird Zentralität und Dezentralität nicht als Gegensatz gesehen, sondern die notwendige Verbindung beider Trends durch neue Abstimmungsmechanismen gefordert.
Das Zukunftsszenario der Gruppe umfasst also folgende Punkte.
1.    Die Energiewende bietet vielfältige Chancen für Bürger, Kommunen, Stadtwerke und mittelständische Unternehmen zu regionalen Investitionen, die die Wirtschaftskraft der Regionen erhöhen.
2.    Zu beobachten sind parallel die Trends zu lastferner Erzeugung im europäischen Verbund sowie die Entfaltung vielfältiger dezentraler Aktivitäten.
3.    Klare Regeln zur Interaktion zwischen lokalen und übergeordneten Strukturen sind deshalb notwendigerweise festzulegen.
4.    Vielfältige Flexibilitäten zur Lösung aller Anforderungen werden benötigt, die von Last- und Erzeugungssteuerung, über verschiedene Speichertechnologien, Importe und Exporte zwischen Netzgebieten bis zur Steuerung im Spartenverbund (Strom / Wärme / Gas / Verkehr) reichen.
5.    Dafür werden Smart Grids als Basisinfrastruktur für smarte Netzoperationen sowie smarte Marktfunktionen benötigt.
6.    Die regionale Teilautonomie als Beitrag für Versorgungssicherheit im Falle von Netzausfällen, ein regionaler Ausgleich zur Netzausbauoptimierung sowie die hierarchische Abstimmung im zellularen Netzverbund (SG cells im Rahmenprojekt) ist auszuprägen.
7.    Erste Geschäftsmodelle (SG sells im Rahmenprojekt) wurden in der PG Geschäftsmodelle identifiziert, um im Rahmenprojekt die Demonstration zukünftiger Funktionen auf der Basis von Smart Grids vornehmen zu können.

Die Auswahl der Schlüsseltechnologien für dieses Umsetzungsszenario erfolgte nun im Hinblick auf die energiepolitischen Ziele für erneuerbare Energien und höhere Energieeffizienz.
Technologien sind zuerst hinsichtlich der Energieflüsse mit Technik für Gewinnung und Speicherung von Energie in den Bereichen Elektrizität, Wärme und Gas zu definieren. Für deren sinnvollen Einsatz in einem Lebensraum ist das Wissen um die verschiedensten Potentiale notwendig, worauf noch später bei der Betrachtung des Informationssystems eingegangen wird. Verschiedenste Technologien nutzen die angebotene Energie. Bei der Flexibilisierung im zukünftigen fluktuierenden, erneuerbaren Energiesystem spielen dann Technologien bestimmer Lastschwerpunkte eine wichtige Rolle (z.B. Wärmepumpen und Elektromobilität). Neue Netztechnologien besonders im Bereich der Nieder- und Mittelspannungsnetze, wie zum Beispiel regelbare intelligente Trafostationen, dienen der Beherrschung der dezentralen Erzeugung. Die schon angesprochenen smarten Netzoperationen sowie smarten Marktfunktionen benötigen die Vernetzung von Erzeugung, Speicherung und Verbrauch sowie von Netzführungstechnologien mittels Kommunikationstechnik, insbesondere unter Anbindung der Liegenschaften der Netznutzer.
Die Überwachung und Regelung dieses hochgradig vernetzten und fluktuierenden Energiesystems erfolgt mittels zunehmender Ausstattung mit Information- und Automationstechnologie (wie Mess- und Stelleinrichtungen, automatisierte Energiemanager, Energieinformationssysteme wie Potentialkataster und Anlagenregister, Leitsysteme, aber auch neu einzuführende vorausschauende Prognosesysteme).
Vielfältige Schlüsseltechnologien stehen also bereit, bedürfen aber noch gemeinsamer Kraftanstrengungen zur breiten Einführung, einen angepassten Rahmen und die Vernetzung durch Kommunikation und die Automatisierung mit IT im Smart Grid als Basisinfrastruktur.

Die benannten Ebenen der Informations- und Kommunikationstechnologie, kurz IKT, stellen die Vermittlungsebene zwischen  der Physik und dem darauf basierenden Umsystem (Markt) dar. Dies wird mit der BDI-Darstellung der drei Schichten des Energiesystems verdeutlicht.
Auf der ersten Schicht - der physikalischen Ebene - wird die Unterteilung in drei Domänen der Netzinfrastruktur in Hoch- und Höchstspannung, Mittelspannung sowie Niederspannung vorgenommen, wobei in diesen Domänen unterschiedliche große Erzeugungsanlagen und Energienutzer angesiedelt sind. Hier ergeben sich insbesondere Baustellen im Niederspannungsbereich aus den Notwendigkeiten der zunehmenden dezentralen Erzeugung.
Die IKT bildet die vermittelnde Schicht, wobei die heutige Kommunikation, Informationsverarbeitung sowie Regelung vorrangig im Hoch- und Höchstspannungsbereich sowie Mittelspannungsbereich erfolgt. Neue Anforderungen ergeben sich teilweise im Mittelspannungsbereich sowie massiv im Niederspannungsbereich. Die IKT vermittelt zwischen den technologischen Herausforderungen von Vernetzung und Informationsverarbeitung auf der einen und den dynamischen Veränderungen von Marktbeziehungen und Regeln auf der anderen Seite.
Sie liefert im zukünftig dynamischeren Umfeld eines Systemes mit vorrangig erneuerbaren Energien die Werkzeuge für die Beherrschung und Steuerung des Wandels und kann dafür notwendige Gestaltungsspielräume für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik eröffnen.
Die dritte Schicht wird durch die Märkte gebildet, wobei diese Märkte heute vorrangig durch den Großhandelsmarkt zur Vermittlung von Energiemengen und vom Regelenergiemarkt geprägt sind. Zukünftig wird ein neues Marktdesign benötigt, mit dem die Vermittlung von Flexibilitäten (z.B. Leistungsanpassungen, Lastverschiebung) für Markt- und Netzbedarfe, das Handeln von Systemdienstleistungen bis in den Niederspannungsbereich, das Bereitstellen von Kapazitäten für Erzeuger, Speicher und Verbraucher wirtschaftlich wird. Hier werden auch neue regionale Mechanismen benötigt.

Dern dritten Kern der Betrachtungen in der Projektgruppe Technologie stellte die Skizzierung eines Rahmenprojektes unter der Bezeichnung SG c/sells (wobei cells für Netze, sells für Märkte steht) als Pilotzone Baden-Württemberg dar.
Entsprechend den oben ausgeführten drei Schichten des Energiesystems soll die Architektur des Rahmenprojektes folgendermaßen gestaltet werden.
Die physikalische Struktur befindet sich verteilt in der Gesamtfläche des Landes Baden-Württemberg. Sie wird durch das sogenannte Produktionsnetz aus Anlagen und Energienetzwerken symbolisiert, die einerseits Subsidiariät ermöglichen, aber anderseits Verbundenheit im Land und Europa gewährleisten. Wir sprechen hier von einem zellularen Verbund. Das Produktionsnetz wird auf der zweiten Schicht von einem Informationsnetz überlagert, das das notwendige Energieinformationssystem sowie die automatisierte Regelung bis zur Liegenschaft ermöglicht.
Aus folgender Logik wird für das Rahmenprojekt die Architektur derartig gewählt.
Die zunehmende Komplexität im Energiesystem erwächst aus der dezentralen Vielfalt, der Vernetzung bis in die Niederspannung sowie neue Organisationsformen und daraus resultierenden neuen Prozessen. Systemexperten zerlegen ein zentral geführtes System ab einem nicht mehr zu beherrschenen Grad an Komplexität in ein System aus Systemen. Dies bedeuetet die Zerlegung des zentral geregelten Energiesystems in verbundene Regelkreise mit dezentralen und verteilten Strukturen mit klaren Regeln von jeweils übergeordneten Systemen.
Die Verbundenheit im Gesamtsystem zur Einhaltung dieser Regeln wird durch ein Energieinformations- und Optimierungssystem zur Vermittlung zwischen Systemen sowie zwischen Markt- und Netzfunktionen ermöglicht. Das Energieinformationssystem umfasst dabei planerische Informationen für Potentiale der Erzeugung, Speicherung, des Verbrauches in Katastern, während ein Register Informationen über installierte Anlagen beinhaltet.
Für das Rahmenprojekt wurde auf dieser Logik eine Optimierungskaskade definiert. Die energetische und monetäre Optimierung erfolgt bidirektional unter Berücksichtigung der Anforderung über- und untergeordneter Ebenen. Die Gliederung kann dabei folgendermaßen beschrieben werden.

1.    Dezentrale Erzeuger, Verbraucher und Speicher in Liegenschaften der Prosumenten und in Arealnetzen werden – wo möglich – durch ein dezentrales Energiemanagement optimiert geführt und können im Störungsfalle übergeordneter Netze als Microgrid betrieben werden, was das Gesamtsystem weniger verletzlich und widerstandsfähiger macht. Notwendige Datenmengen aus den Liegenschaften können minimiert werden.
2.    Regelbare Trafostationen in Netzzellen als Bereiche im Verteilungsnetz gewährleisten die Regelung im Umfeld vielfältiger dezentraler Erzeugung und entlasten die Leitwarten von zu hohen Datenmengen.
3.    Leitwarten mit Steuer- und Prognosesystemen in Verteilungsnetzen können zunehmend vorausschauend agieren und können somit den Markt bei vorhergesehenen Netzproblemen einbeziehen.
4.    Das Transportnetz stellt die höchste Optimierungsebene dar, ist aber nicht im Fokus des Rahmenprojektes.

Den Nutzen der beschriebenen Pilotzone, die es im Rahmenprojekt zu gestalten gilt, sieht die Projektgruppe in folgenden Punkten.
Grundsätzlich ist das bisherige Partikularwissen aus Forschungsprojekten (z.B. E-Energy) und von neuen Technologien in eine flächenhafte Implementierung zu überführen und zu einer  funktionsfähigen Smart Grids-Region zu verbinden.
Mit der Entfaltung von Kommunikations- und Informationstechnologien im Smart Grid wird die Basis für neue Geschäftsmodelle in Netz und Markt demonstriert und über den Wissenstransfer mittels der Smart Grids Plattform BW e.V. i.G. zügig in die breite Praxis eingeführt.
Das Erfahrungswissen aus einer großflächigen Pilotzone wird dokumentiert und breiten Akteurskreisen zur Verfügung gestellt. Mit der Bewertung dieses Erfahrungswissens zeigen die Ergebnisse des Rahmenprojektes die technologische Machbarkeit des zellularen, auf Erneuerbaren basierenden Energiesystems und noch benötigte Innovationsbedarfe auf.
Mit der Feststellung der Übertragbarkeit auf andere Regionen werden ebenso Handlungsbedarfe zur Gestaltung von Rahmenbedingungen adressiert.
Die Pilotzone Baden-Württemberg wird von den Menschen, Institutionen und Firmen selbst gestaltet und gelebt, wobei bereits heute Gemeinschaften, Kooperationen und Beziehungen zwischen Partnern entstehen, die sich bisher eher aus dem Weg gegangen sind, wobei als Beispiel die zunehmende Zusammenarbeit von Haushaltsgeräteherstellern, IKT-Unternehmen, Gebäudeausstattern und Energiedienstleistern genannt werden kann. Diese entwickelte sich aus der Notwendigkeit  der Definition neuer, gemeinsamer Prozesse und Normen.
Nicht zuletzt entsteht mit SG c/sells erstmals ein flächendeckendes, im Feld getestetes Smart Grids-Schaufenster, das einerseits in den nationalen Kontext des Mitte September 2013 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veröffentlichten Förderwettbewerb "Schaufenster Intelligente Energie" eingeordnet aber auch die zukünftige Exportkraft des Landes Baden-Württemberg als Wissensträger stärken kann.